Unternehmer hält den A39 Ausbau für wenig sinnvoll

Zu dem geplanten Ausbau der Autobahn A 39 hier ein Auszug aus einem Briefwechsel zwischen einem bekannten FDP-Lokalpolitiker und dem Unternehmer Dipl.-Ing.(FH) Wolfgang H. Jander (WOLFGANG JANDER GmbH, Jembke).

FDP-Politiker: Die demografische Entwicklung des ganzen Nordkreises Gifhorn ist so besorgniserregend, das uns keine Alternative zur A 39 bleibt.

W. Jander: Den Zusammenhang zwischen der demagogischen Entwicklung im Nordkreis Gifhorn und der A39 mag ich nicht erkennen.
Die Autobahn wird nicht dazu verhelfen, neue Unternehmen und neuen Kommerz in Ihrer Region anzusiedeln. Eher wird sie zur Abwanderung des selben beitragen.
Wenn die Menschen leichter und schneller zum nächsten Mittelzentrum fahren können, so werden sie die dort vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten stärker nutzen und somit den noch vorhandenen lokalen Einzelhandel weiter schwächen.

Der FDP-Politiker führte die Gewerbeansiedlung nach Fertigstellung der A250 (heute A39) bei Lüneburg als positives Beispiel an und rechnet mit einem ähnlichen Effekt in Wittingen. Des Weiteren soll eine nahe Autobahn die Wohnqualität steigern.

W. Jander: Zwar befürchte ich, dass der Vergleich Lüneburg – Wittingen hinkt.
Lüneburg liegt 50 km von Hamburg entfernt – eine Distanz, die ein Pendler auf sich nimmt.
Ich selbst habe in München gewohnt, wo ich auch geboren bin. Dort musste ich schon in der Stadt 40 km zur Arbeit fahren – es war normal. Später von Sindelfingen nach Stuttgart, auch ca 35 km.
Später wohnte ich zwischen Landberg und Buchloe und es waren gut 80 km bis zu BMW.
Viele Kollegen dort und hier nehmen wesentlich weitere Wege in Kauf um zur Arbeit zu gelangen.

Wittingen liegt ca. 50 Straßenkilometer von Wolfsburg, 45 km von Gifhorn und 50 km von Uelzen entfernt.
Leider ist keine dieser drei Städte mit der Metropole Hamburg und deren Auswirkungen auf die nähere und weiter Umgebung zu vergleichen.

München beispielsweise zieht Arbeitskräfte aus Landsberg am Lech (70 km), Buchloe (80 km), Freising (60 km), Ladshut (70 km) und anderen Städten mehr an.

München hat auch ein sehr gut ausgebautes Autobahnnetz – mit dem Erfolg, dass die meisten Unternehmen Ihren Mitarbeitern Anreize geben müssen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, da in der Stadt einfach keine Parkplätze mehr vorhanden sind. Ein Stundenparkplatz mit Parkuhr kostet in Münchens Innenstadt fünf Euro für 30 Minuten. Bayern – um München herum – ist sicherlich eine hoch entwickelte Region.
Mit sozialen Problemen, ebenso Lehrstellenmangel, hohen Mieten, unmöglichen Immobilienpreisen, Kriminalität und negativem mehr. Das alles sind Auswirkungen des Fortschritts und der Gier nach mehr.

Ich befürchte, Wittingen liegt mit ca 100km aber zu weit von Hamburg entfernt um durch einen schnelleren Verkehrsanschluss von den dortigen Gegebenheiten profitieren zu können. Wie oben bereits dargestellt, glaube ich nicht, dass Wolfsburg, Uelzen und Gifhorn entsprechenden Ersatz anbieten können.

Auch liegt dazwischen zuviel Land, zu viele Ortschaften, die ebenso wie Wittingen Gewerbeflächen ausweisen werden, Baugebiete erschließen werden – alles im gemeinsamen Buhlen um die Gunst neuer Bewohner und neuen Gewerbes.
Es wird dann also ein Verdrängungswettbewerb stattfinden. Das wird vermutlich zu lasten des Steuerzahlers, der Bürger, gehen.

Ich bin nicht ohne Grund nach Niedersachsen gezogen. Hier ist die Welt noch deutlich mehr in Ordnung.
Hier gibt es auf dem Dorf noch einen Bäcker und einen Kaufmann – in der Region um München gibt es das kaum; und ich spreche hier von einem Umkreis von mindestens 100 km nach Westen, Norden und Osten. Im Süden sieht es tourismusbedingt anders aus. Da muss man sich schon ins Auto setzen um zu einem Supermarkt zu fahren. Das ist für alte Menschen auch nicht sehr einfach und wer nicht mehr Autofahren kann … ja – was macht der? Auch hier kann ich aus Erfahrung sprechen, da ich drei Jahre in einem kleinen Dorf zwischen Landberg und Buchloe im Landkreis Ostallgäu wohnte.

Es bleibt noch eine ganz andere Thematik, von der ich bis heute nichts wusste.
Wird die A39 gebaut, so trägt wer die Kosten für das Bauprojekt und wer die Kosten für die Unterhaltung?
Und was hat es mit der Herabstufung der heute bestehenden Straßen zu tun? Bedeutet das, die B4 ist dann plötzlich keine Bundesstraße mehr sondern eine Landstraße und das Bundesland Niedersachsen hat den Erhalt an Hals?
Und die Bundesstraßen? Werden die dann Kreisstraßen und der Landkreis Gifhorn, der heute schon finanziell aus dem letzten Loch pfeift muss dann all diese Verkehrswege erhalten?

Ich verstehe ihre Ansicht und ich habe großen Respekt vor jedem, der aufsteht und begründet seine Position darlegt, so auch vor Ihnen. Denn ich mag auch kein Mitglied der schweigenden Mehrheit sein. Aber ich bitte Sie, noch ein mal zu reflektieren und darüber nachzudenken welche negativen Langzeitfolgen eine Autobahn für die Region haben kann und meiner Ansicht nach haben wird.

  • entstehen von Schlafdörfern
  • steigende Kriminalität da unter Tags kein Umtrieb in den Gemeinden stattfindet
  • keine Versorgung außerhalb der Mittelzentren
  • dadurch Abwanderung der jungen Menschen in die Städte, da das Angebot noch ärmlicher wird
  • verschleudern von Gewerbegrund auf der Hatz nach ansiedlungswilligen Unternehmen (dafür sind übrigens die neuen Bundesländer und die Steuerprämien die großzugig gewährt wurden das beste Beispiel – gebracht hat es nachweislich kaum etwas)
  • Auflösen des sozialen Zusammenhalts in Dorf und Gemeinde

Ich wiederhole ich; es ist erforderlich für Ihre Stadt eine Vision zu entwickeln die ganzheitlich funktioniert, nicht auf eine Autobahn zu setzen und zu erwarten, dass der Rest dann von selbst kommen wird.

Mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Jander.