Regionalkonzepte statt leeres Autobahn-Wahlkampf-Gerede!
Trotz der von der CDU-CSU-FDP-Regierungskoalition auf Bundesebene beschlossenen Erhöhung der Mittel für Verkehrsprojekte um 750 Millionen Euro bleiben nach Einschätzung des niedersächsischen Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) die Autobahnbau-Ankündigungen für A 39 oder A 20 von CDU, FDP und SPD im niedersächsischen Landtagswahlkampf „nichts als leere Sprüche“. Der LBU forderte CDU, SPD und FDP zum Ende ihres „unseriösen und ungedeckten Autobahn-Wahlkampfs“ auf.
Während jedermann klar sei, dass der neue Bundesverkehrswegeplan ab 2015 deutlich restriktiver sein werde und kaum neue Autobahnen enthalten werde, versprächen CDU und SPD den niedersächsischen Wählern sogar zwei neue Autobahnen auf einmal. Nach Einschätzung von LBU-Regionalsprecher Günter Schäfers wollten beide Parteien mit ihren „Wahlkampfautobahnen“ nur verschleiern, dass ihnen wirkliche realistische Konzepte einer zukunftsweisenden Verkehrs- und Regionalpolitik fehlten: „Wenn einem sonst nicht einfällt, redet man weiterhin von Autobahnen als Heilsbringern.“ CDU-Landtagskandidat Hillmer verkünde im Wahlkampf sogar die mögliche Ansiedlung von Mercedes in Uelzen. Da müsse man sich über die Politiker-Verdrossenheit vieler Bürger nicht wundern.
Laut Bundesverkehrsminister Ramsauer reichen angesichts der „dramatischen Unterfinanzierung bei allen Verkehrsträgern“ im Bundeshaushalt die Mittel nicht einmal für die Instandhaltung der bestehenden Verkehrswege und die Fertigstellung bereits begonnener Bauprojekte: Die Infrastruktur bröckele „an vielen Stellen sprichwörtlich unter den Rädern weg“, ohne zusätzliche Finanzierung müssten selbst „laufende Projekte zeitlich gestreckt“ werden. Offenbar, so der LBU, habe die Steigerung der Baukosten bei Reparaturen und Fertigstellung laufender Projekte dazu geführt, dass selbst die im Investitionsrahmenplan zunächst noch für neue Straßen-, Schienen- und Wasser-Projekte vorgesehenen 7,5 Milliarden aufgebraucht seien. Von neuen Projekten wie etwa A 39 oder A 20 sei bei Ramsauer bezeichnenderweise schon gar nicht mehr die Rede.
LBU-Sprecher Schäfers zeigte sich überzeugt, dass die A-39-Gegner und ihr Schutz- und Klagefond die ohnehin nicht finanzierbare A 39 zusätzlich durch Klagen verhindern würden.
Im laufenden Planfeststellungsverfahren zum Lüneburger Abschnitt 1 der geplanten A 39 sind etwa 1.600 Einwendungen von Bürgern, dem Dachverband der Bürgerinitiativen, Umweltverbänden (BUND, NABU, LBU), weiteren Organisationen und Gemeinden erhoben worden. Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) verweist darauf, dass dabei sowohl Einwände zu den Lärm- und Immissions-Auswirkungen der A 39 beim Ausbau der Lüneburger Ostumgehung zu einer Autobahn gemacht wurden als auch solche, die den gesamten Bau der A 39 in Frage stellen und unmöglich machen. Diese würden durch Gutachten renommierter Experten untermauert.
Laut LBU-Regionalsprecher Günter Schäfers richten sich die Einwendungen vor allem auf folgende Punkte: Dass es keinen volkswirtschaftlichen Bedarf an der A 39 gebe, sei daraus abzuleiten, dass deren südlicher Teil noch 2003 nicht im Referentenentwurf für den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans enthalten war und dass die staatliche „Verkehrsuntersuchung Nordost“ anstelle eines Autobahnbaus den Ausbau der B 4 verlangte. Trotz eines besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrags („Ökostern“) hätten die Planer diesen Ausbau der Bundesstraße nicht untersucht.
Die Planung der zuführenden Querspange B 190n zwischen Uelzen und Bodenteich – quer durch das „Grüne Band“ entlang der ehemaligen Grenze – sei ebenfalls fehlerhaft und führe zu überhöhten Verkehrszahlen-Annahmen für den südlichen Streckenteil , weil der alternativ mögliche Ausbau der B 71 (Salzwedel – Uelzen) nicht berücksichtigt worden sei. Gegen diese Trassenführung dieses A-39-Zubringers habe selbst das Bundesumweltministerium Stellung bezogen.
Auch insgesamt liege die offizielle Prognose über den zukünftigen Verkehr viel zu hoch, was sich an rückläufigen Verkehrszahlen auf der B 4 schon jetzt deutlich zeige. Verkehrsmindernde Faktoren wie demografischer Wandel, Ölpreissteigerung, Ausbau der parallelen A 7 oder Verbote für den Durchgangsverkehr seien nicht berücksichtigt.
Die Unwirtschaftlichkeit der A 39 zeige sich auch an einem immer schlechteren Nutzen-Kosten-Verhältnis, das nach massiven Kostensteigerungen von 2003 bis 2011 (von 0,437 auf nunmehr 1.1 Milliarden Euro) jetzt schon mit nur 1,9 weit unter dem anderer Verkehrsprojekte liege. Lege man die Kostensätze des CDU-Wirtschaftsrates an, so gerate die A 39 mit voraussichtlich 2,7 Milliarden Euro endgültig in den Verlustbereich.
Die Verbände kritisieren außerdem die willkürlichen Methoden und fehlerhaften Ergebnisse bei der Abwägung zwischen möglichen Trassen-Verläufen und generell eine Unterbewertung des „Schutzgutes Mensch“. Die unter anderem vom Bundesumweltministerium erhobenen Forderungen bei der Durchschneidung der FFH- und Vogelschutz-Gebiete (Ilmenau, Ostheide, Lüderbruch, Vogelmoor, Obere Aller) seien nicht erfüllt. Die Zerschneidung von Wegen und Lebensräumen seltener Arten wie Ortolan, Wachtelkönig, Fledermäusen, Rothirsch, Wolf, Biber oder Otter sei nicht ausgleichbar. Im Bereich der Kleinen Aller drohe zudem ein Eindringen von Schadstoffen ins Grundwasser.
Viele Landwirte werden durch den Flächenverlust infolge Bebauung, Zerschneidung und Kompensationsmaßnahmen direkt existenziell bedroht, angesichts der Flächenknappheit und Entschädigungszahlungen weit unterhalb des Verkehrswerts führe die A 39 zu einer Pacht- und Bodenpreistreiberei zu Lasten aller Landwirte.
LBU-Sprecher Schäfers verwies auf den mit 60.000 Euro gut gefüllten Schutz- und Klagefond der A-39-Gegner – man sei für Klagen gut gerüstet. Der LBU erinnerte in diesem Zusammenhang an die vollmundige Erklärung des CDU-Landtagsabgeordneten Jörg Hillmer, der am 24.7.2012 in Uelzen im Beisein von Ministerpräsident McAllister den A-39-Baubeginn für „Sommer 2013“ angekündigt hatte. LBU-Sprecher Günter Schäfers kündigte an, man werde beide von nun an in regelmäßigen Abständen an diese Ankündigung erinnern nach dem Beispiel : „Noch 9 Monate, dann wissen wir Bürger endgültig, was von CDU-Wahlversprechen zum Bau der A 39 zu halten ist.“
Der LBU rief deshalb alle Parteien zu einer klaren Absage an unsinnige, unrealistische und schädliche Autobahn-Pläne auf und stattdessen zur Vorlage eines zukunftsfähigen und regionaldienlichen Konzepts für den Ausbau vorhandener Verkehrswege und alternativer Verkehrsprojekte.
Quelle: Pressemitteilung des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz
Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V.
Regionalgruppe Ostheide – Eckehard Niemann, Varendorfer Str. 24
29553 Bienenbüttel