Naturschutz-Stiftung als Feigenblatt für A39-Naturzerstörung?

Plant der Landkreis Uelzen eine „Naturschutz“-Stiftung als juristisches Feigenblatt für A-39-Naturzerstörungen?
Umweltverband LBU fordert Offenlegung der Planungen

Eine rasche Information der Öffentlichkeit und Transparenz bei der geplanten Gründung einer neuen Stiftung fordert der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen (LBU) von den Verantwortlichen des Landkreises Uelzen. Der plane offenbar eine Stiftung, die vermutlich „Naturschutz“ im Namen tragen solle, die aber offensichtlich als Instrument dienen solle, die Natur- und Umwelt-Zerstörung durch die A 39 und deren naturschutzrechtliche „Ausgleichsversuche“ rechtlich abzusichern.

Laut LBU-Vertreter Eckehard Niemann habe man am Rande einer heutigen Veranstaltung der A-39-Planer in Bad Bevensen erfahren müssen, dass die bereits laufenden, nichtöffentlichen Planungen des Landkreises auch dazu dienen sollen, die Durchschneidung der sehr seltenen und streng geschützten Ortolan-Vorkommen im Südkreis möglich zu machen. Für den Schutz dieser stark gefährdeten Vogelart (Gartenammer) habe das Land Niedersachsen auch europaweit eine besondere Verantwortung, weil im östlichen Landkreis Uelzen und im Wendland die letzten wesentlichen Standorte vorgefunden würden, die durch den vordringenden Maisanbau und den Rückgang von Hackfrüchten zusätzlich bedroht seien.

Was das Bundesumweltministerium in seiner Stellungnahme zur Linienbestimmung der geplanten A 39 hinsichtlich der Durchschneidung des Vogelschutzgebiets Ostheide schon angemahnt habe, das bewahrheitet sich laut LBU nun: Die A 39 zerstöre mit ihrer Trasse nicht nur zahlreiche Ortolan-Brutstätten, sondern trenne etwa 70 Brutpaare von den anderen Populationen ab, wobei diese „Verinselung“ auch durch naturschutzrechtliche Kompensations-Maßnahmen nicht ausgleichbar sei. Dass in diesem Falle die A 39 nicht gebaut werden dürfe, sei den A-39-Planern bewusst und erkläre deren immer umfangreichere Aktivitäten, doch noch irgendeine Möglichkeit zum „Ausgleich“ zu finden.

Laut LBU haben mehrere Ortolan-Experten darauf hingewiesen, dass eine von anderen Populationen abgeschnittene und verinselte Ortolan-Population von 70 Brutpaaren auf Dauer in ihrer Existenz bedroht sei. Dies liege an einer Besonderheit dieser Vogelart, bei der die verinselten standorttreuen Männchen westlich der A 39 auf den jährlichen Zuflug junger Weibchen aus dem Bereich östlich der Autobahn angewiesen seien. Da die Singgemeinschaften und Kontaktmöglichkeiten der Ortolane aber durch die A 39 abgeschnitten würden, käme es zu einem Aussterben der westlichen Populationen.

Da dies von der EU nicht hingenommen würde, müssen die Planer laut LBU noch vor der Planfeststellung dezidiert nachweisen, dass der Erhalt auch dieser verinselten Populationen durch Naturschutzmaßnahmen gesichert werden könne. Da der Ortolan auf sandige, trockene Standorte auf extensiv mit Sommergetreide bewirtschafteten Kleinflächen entlang von Baum- und Heckenstrukturen angewiesen sei, suchten sie Planer deshalb seit Jahren weitgehend vergeblich nach Landwirten, die im Vertragsnaturschutz solche Bewirtschaftungsmethoden und die Schaffung von Saumstrukturen auf mindestens 200 Hektar Acker durchführten oder gar mit Schlagverkleinerungen einverstanden seien.

Dass bisher kaum ein Landwirt einen solchen Vertrag – trotz massiver Anwerbeveranstaltungen – abgeschlossen hat, führt Eckehard Niemann auf folgende Umstände zurück: Eine solche Bewirtschaftung mit extensivem Sommergetreide, weitem Saatreihen-Abstand und Einschränkungen der Beregnung sei unrentabel und nur gegen Prämien im Vertragsnaturschutz möglich. Die vom A-39-verantwortlichen Bundesverkehrsministerium zusätzlich angebotenen Ortolan-Schutz-Programme mit ihren zusätzlichen Bewirtschaftungs-Auflagen würden jedoch nicht besser entgolten als ähnliche Programme des Landes Niedersachsen ohne diese Zusatzauflagen. Außerdem seien viele Landwirte abgeschreckt durch die zu erwartenden häufigen Kontrollbesuche von Naturschutz-Beauftragten auf ihren Äckern, durch die Sorge vor möglichen Durchteilungen von großen Feldern und eventueller ordnungsrechtlicher Festschreibung dieses Status.

Vor allem aber, so der LBU, müsse das Weiterbestehen solcher „produktions-integrierter Kompensationsmaßnahmen (PIK) für die gesamte Zeit abgesichert werden, solange auch die A 39 existiere. Kaum ein Landwirt werde aber einem entsprechenden Dauer-Eintrag in sein Grundbuch mit der Pflicht einer solchen Flächenbewirtschaftung zustimmen. Genau diese Lücke wolle der Landkreis nun offenbar mit seinem geplanten Stiftungsvermögen schließen, aus dessen Zinsen angeblich dauerhaft Beträge an wechselnde Landwirte gezahlt werden sollten, die sich für einen gewissen Zeitraum zu solche Ortolanschutz-Flächenbewirtschaftungen an wechselnden Orten verpflichteten.

LBU-Vertreter Niemann wies darauf hin, dass auch diese Stiftung keineswegs eine dauerhafte Absicherung von Ortolanschutz-Programmen darstelle, zumal selbst der Erfolg solcher Maßnahmen bisher nicht nachweisbar sei. Die Verinselung einer relevanten Ortolan-Population durch die Durchschneidung und Verlärmung der Gesamtpopulation sei deshalb aller Voraussicht nach unlösbar. Insofern dürfe der Landkreis Uelzen mit einer „Naturschutz“-Stiftung auch kein juristisches Feigenblatt für eine solche Naturzerstörung bereitstellen. „Das beste Förderungsprogramm für den bedrohten Ortolan“, so Niemann, „ist die Beendigung der ohnehin unsinnigen und regionsschädlichen Planung einer zerstörerischen A 39“.

Quelle: Pressemitteilung des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz. Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V. Regionalgruppe Ostheide – Eckehard Niemann, Varendorfer Str. 24 29553 Bienenbüttel