Leserbrief: Wer Straßen sät, wird Verkehr (und Lärm) ernten

Man kann die Bürger von Tappenbeck und Jembke schon verstehen, wenn sie hoffen, dass die A39 den Verkehr durch ihre Ortschaften reduziert. Der augenblickliche Zustand ist beklagenswert. Die Karikatur, bei der zwei Bürger an gegenüberliegenden Seiten einer überfüllten Innerortsstraße stehen und rufen: „Wie bist du auf die andere Seite gekommen?“ Herübergerufen wird: „ Na, ich bin hier geboren“, beschreibt diesen Zustand zutreffend. Erleichterung wird die A39 aber nicht bringen. Denn leider gibt es den mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesenen Satz, wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Eine Steigerung der Verkehrsinfrastruktur hat immer eine zahlenmäßig entsprechende Steigerung des Verkehrs in der Region zur Folge.  Die A39 wird den regionalen Verkehr nicht aufnehmen, weil die Autobahnzufahrten an den Rändern des Boldecker Landes liegen. Prof. Dr. Wermuth von der TU Braunschweig kommt in seiner Untersuchung „Regionales Straßenverkehrskonzept für den Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB)“ vom August 2001 zu folgendem  Ergebnis: „Die Ortsdurchfahrten Tappenbeck, Jembke und Ehra werden durch den Bau einer ortsnah geführten Umgehungsstraße besser entlastet als durch die Verlängerung der A39“. Selbst eine vorübergehende Verminderung des Verkehrs in der Anfangsphase einer neuen A39 wird die Lärmbelästigung der Anwohner nicht vermindern, weil erst eine deutliche Reduzierung des Verkehrs um 90 % eine gefühlte Erleichterung im Lärm um 50 % bringt.

Mit der Autobahntrasse und der Raststätte handelt man sich dazu neue Belastungsquellen in Form von Landschaftszerstörung, Feinstaub und Abgasen ein. Schon mit den augenblicklichen Planungsdaten überschreiten die erwarteten Lärmpegel die zulässigen Werte an einigen kritischen Stellen trotz einer 5 m hohen Lärmschutzwand auf der 6 m hohen Trasse bei Tappenbeck. Viele Anwohner werden nachts das Fenster geschlossen halten müssen, um wenigstens ein Mindestmaß an Nachtruhe zu erreichen. Epidemiologen identifizieren Lärm mit als eine Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Nur mit nachts deutlich herabgesetzen Grenzwerten für Lärm könnte  dem entgegengewirkt werden. Verschlimmert wird die Lage noch dadurch, dass für die Berechnung des Lärmpegels beim Entwurf der A39, die schon bestehenden Belastungen des
übrigen Verkehrs nicht berücksichtigt werden.

Der Bau der A39 passt nicht zu den Problemen unserer Zeit, die Kimaschutz, Energieeinsparung und Minderung des Flächenverbrauchs erfordern. Sie liefert höchstens Vorteile für Spediteure. Noch nicht einmal Arbeitsplätze schafft sie! Sie zerstört den Naherholungsraum des Bürgers. Dieser kann dann aber leichter fernere Gegenden erkunden, die die Autobahn bereits verdorben hat.

V.i.S.d.P

Manfred Michel

Verkehrsclub Deutschland (VCD) Ortsgruppe Gifhorn

Denkmalstraße 10