„Dialogforum Schiene Nord“ ein bundesweites Modell!?
Bürgerbeteiligung „Dialogforum Schiene Nord“ könnte zum bundesweiten Modell werden
Absehbarer Konsens zur „Alpha“-Ausbau-Variante mit ausreichender Verkehrskapazität
Isoliertes Beharren Hamburgs auf Neubau-Trassen nicht nachvollziehbar
Gutachten des BVU-Instituts in der Kritik
Beim Dialogforum Schiene Nord (DSN) in Celle am Freitag zeichnet sich nach Einschätzung des
Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) ein bundesweit exemplarischer Erfolg für
diese neue Form einer verbindlichen Bürgerbeteiligung ab. Eine voraussichtlich sehr große Mehrheit
der Forumsmitglieder aus Landkreisen, Kommunen, Verbänden und Bürgerinitiativen habe
gemeinsam eine tragfähige Lösung erarbeitet, die sowohl den Ansprüchen der Seehäfen als auch den
Belangen der betroffenen Region gerecht werde. Man habe einen Konsens gefunden, bei dem die
ursprünglich geplanten Y-Neubaustrecken quer durch die Heide kritisch überprüft und verworfen
wurden und bei dem stattdessen ein anwohner- und regionsverträgliches Konzept für den Ausbau
vorhandener Schienenwege (im Rahmen der „Alpha-Variante“) erarbeitet wurde. Es spreche für die
Qualität der Arbeit des Dialogforums, dass nun auch die Deutsche Bahn AG und auch das Land
Niedersachsen voll hinter dieser zielführenden und regional abgestimmten Variante stünden.
Während sich auch der Vertreter Bremens beim letzten Forumstreffen für diese Alpha-Variante
ausgesprochen hatte, habe der Vertreter Hamburgs mit seiner konfrontativen und zuvor nie klar
geäußerten Ablehnung der Arbeitsergebnisse eine massive Empörung der meisten Forums-Mitglieder
provoziert. Hamburg, so weitverbreitete Vermutungen im Forum, fordere weiterhin den Bau einer
Neubau-Trasse, um sich damit eine bessere Position zum Nachteil der konkurrierenden Häfen
Bremen und Wilhelmshaven zu verschaffen.
All dies werfe nun auch ein neues Licht auf die Expertisen des Gutachterbüros BVU, das nicht nur im
Dialogforum hochumstrittene Berechnungen vorgelegt habe, sondern das auch regelmäßig für das
Bundesverkehrsministerium arbeite. Von daher seien Vermutungen etlicher Forumsteilnehmer nicht
von der Hand zu weisen, wonach Hamburg über seine Verbindungen zu bestimmten Abteilungen des
Ministeriums dafür sorgen könnte, dass die im Forum erarbeiteten Ausbaustrecken negativ bewertet
würden.
Es habe bereits bei früheren Forums-Terminen deutliche Proteste dagegen gegeben, dass der mit
Verkehrs-Berechnungen beauftragte BVU-Vertreter teilweise von seinem Auftrag abgewichen sei und
stattdessen „Ergebnisse“ für eigenmächtig veränderte Varianten vorgelegt habe. Heftige Kritik und
Kopfschütteln habe es auch dazu gegeben, dass das BVU das Kernproblem der bereits jetzt
überlasteten Bahnknotenpunkte (Hannover, Bremen, Hamburg) ohne jede Begründung als angeblich
„2030 gelöst“ dargestellt habe. Dies diene eindeutig der Durchsetzung von Neubaustrecken, obwohl
diese weitere unsinnige Verkehre in diese verstopften Knotenpunkte führen würden. Andererseits
habe das BVU die Pläne der Deutschen Bahn AG kaum berücksichtigt, wonach weitere Nord-Süd-
Verkehre nicht über die schon jetzt überlasteten Trassen durch Niedersachsen und Hessen geführt
werden sollten: Die Bahn plane stattdessen den Ausbau eines „Wachstums-Korridors Ost“ (von
Wittenberge/Stendal über Thüringen nach Bayern), auf den ab Hamburg oder spätestens ab Uelzen
ein Großteil der Seehäfen-Hinterlandverkehre umgeleitet werden sollten. Auch die wichtige Frage
der Personen-Nahverkehre habe das BVU einfach beiseitegelassen.
Einen weiteren Einfluss einer möglichen BVU-Positionierung gegen die aussichtsreiche Alpha-Ausbau-
Variante befürchten Teilnehmer des Dialogforums nun auch beim nächsten Dialogforum: Entgegen
allen Vereinbarungen, dass Papiere und Gutachten den Forums-Teilnehmern zur eingehenden
Prüfung mindestens 10 Tage vor den Foren zugehen sollten, werde das BVU-Institut das von ihm
berechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis (auch „Nutzen-Kosten-Index = NKI genannt) nun erst am Tag
der Sitzung vorstellen. Dies, so der LBU, zeuge entweder von einer nicht professionellen (weil nicht
termingerechten) Erledigung oder von einem Vorgehen, welches ein kritisches Hinterfragen der
angelegten Prämissen für den „BVU-NKI“ unmöglich mache.
Der Nutzen-Kosten-Index (NKI) sei für die Aufnahme von Verkehrsprojekten in den anstehenden
Bundesverkehrswegeplan nicht unbedeutend. Die Berechnung dieses NKI unterliege zwar
standardisierten Rahmen-Vorgaben – diese könne man aber bei der Bewertung recht vager und
unsicherer Nutzen- und Kosten-Faktoren politisch recht flexibel interpretieren. Viele
Forumsteilnehmer befürchteten nun bei der Vorlage des Nutzen-Kosten-Faktors der Alpha-Variante
ein letztes „Störfeuer des BVU“ gegen den absehbaren Konsens. LBU-Vertreter Eckehard Niemann
wies deshalb ausdrücklich darauf hin, dass das von Landesverkehrsminister Lies organisierte
Dialogforum durchaus vom gängigen Verfahren der Nutzen-Kosten-Berechnungen abweichen könne
und solle, um eigene Kriterien und verbindliche Varianten-Vorgaben der Region für die
Schienenwege zu beschließen, die dann vom Land Niedersachsen auch übernommen und zum
Bundesverkehrswegeplan angemeldet würden.
Quelle: Pressemitteilung des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz. Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V.
Regionalgruppe Ostheide – Eckehard Niemann, Varendorfer Str. 24
29553 Bienenbüttel